Interview mit Heinz Hengartner, Beirat der Sternschnuppe

Seit über 10 Jahren ist Dr. med. Heinz Hengartner Beirat der Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe. Durch ihn finden jedes Jahr viele Kinder den Weg zur Sternschnuppe. Er ist ein wichtiges Bindeglied zwischen der Stiftung und den Kindern, die er behandelt. Im Interview erzählt er über sein wertvolles Engagement und seine Erfahrungen.

Was hat dich dazu motiviert, dich als Beirat für die Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe zu engagieren?

Durch meine Arbeit auf der Kinderonkologie des Ostschweizer Kinderspitals St. Gallen war mir die Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe schon lange bekannt. Immer wieder hatte ich die Gelegenheit, von den Wünschen und Erlebnissen meiner Patienten und deren Eltern zu hören und mich mitzufreuen. Insbesondere das Prinzip, Erlebnisse zu schenken und nicht irgendwelche materiellen Geschenke, hat mich überzeugt. Als die Anfrage kam, mich als Beirat in dieser Stiftung zu engagieren, habe ich keine Minute gezögert zuzusagen.

Ist das Thema «Wunscherfüllung» auch in deiner täglichen Arbeit präsent?

Die Arbeit mit krebskranken Kindern und Jugendlichen, aber auch mit Kindern mit einer chronischen Blutkrankheit bringt es mit sich, dass ich immer wieder mit sehr schwierigen und traurigen Situationen konfrontiert werde. Sei es, wenn ein Jugendlicher während einer Chemotherapie mit den damit verbundenen Nebenwirkungen und Einschränkungen im Alltag kein Licht am Ende des Tunnels mehr sieht oder eine Patientin immer wieder ins Spital zur Bluttransfusion kommen muss und nicht mit ihren Kolleginnen unbeschwert den Sommer geniessen kann. In solchen Situationen ist es sehr schön, von der Möglichkeit eines einmaligen Wunsches zu erzählen, den die Patienten sich überlegen sollen und der irgendwann durch die Sternschnuppe erfüllt werden wird.

Warum braucht es aus deiner Sicht als Arzt die Sternschnuppe? Welchen Mehrwert bringt sie?

Viele unserer Kinder werden während ihrer Krankheitsphase mit materiellen Geschenken überhäuft. Erlebnisse treten oft in den Hintergrund, weil dafür zu wenig Zeit ist oder die Energie fehlt. Die Möglichkeit, über einen Herzenswunsch zu sinnieren, erfreut und stimuliert die Kinder jeweils sehr. Es bringt beinahe etwas Märchenhaftes und Geheimnisvolles mit sich, wenn man einen Traum vielleicht verwirklichen kann. Nur Kindern und Jugendlichen in einer speziellen Lebenssituation wird dies ermöglicht, und dies macht die Wunscherfüllung zu etwas Einzigartigem.

Wie ist der Einfluss der Wunscherfüllung auf die Familie zu gewichten?

Insbesondere bei chronischen Patienten habe ich öfters erlebt, dass eine Wunscherfüllung mit einem Motivationsschub für die tägliche Bewältigung der Krankheit verbunden war, dass zum Beispiel die tägliche Medikamenteneinnahme wieder konsequenter durchgeführt wurde. Auch habe ich erlebt, dass durch ein gemeinsames Erlebnis innerfamiliäre Spannungen abgebaut werden konnten. 

Ist dir eine Wunscherfüllung von einem Kind in spezieller Erinnerung geblieben?

Es ist jedes Mal unglaublich berührend, wenn mir Kinder und Jugendliche nach der Erfüllung ihres Herzenswunsches von ihrem Erlebnis berichten, Fotos und Videos oder auch stolz die Unterschrift ihres Musikstars zeigen. Die Erlebnisse sind auch über Jahre hinweg immer wieder Thema in der Sprechstunde – ja, eben unvergessliche Erlebnisse. An ein strahlendes Gesicht erinnere ich mich immer wieder, als mir eine Jugendliche mit Downsyndrom nach überstandener intensiver Therapie für eine Leukämie von ihrem Herzenswunsch berichtete, einer Motorradtour im Seitenwagen durch die Ostschweiz mit einer «Biker Gang». In bleibender Erinnerung ist mir auch ein krebskranker Knabe, dem die Stiftung Sternschnuppe kurz vor seinem Tod einen Flug in Swiss-Uniform im Cockpit einer Swiss-Maschine ermöglichen konnte.